Seit Beginn der Planung 1996 werden dazu sowohl Protest- als auch befürwortende Stimmen laut. Selbst nach über 20 Jahren Demonstration, dem geschichtsträchtigen Schwarzen Donnerstag, der Volksabstimmung in ganz Baden-Württemberg und dem letztendlichen Baubeginn sind die Meinungen noch immer gespalten. Wir haben die Baustellenführung zu S 21 besucht und uns vor Ort über den aktuellen Stand der Arbeiten informiert.
Die Baustelle S 21 ist fast wie eine kleine Stadt innerhalb Stuttgarts. Eigene Straßen führen vom Hauptbahnhof bis zum Nordbahnhof, Ampeln regeln den Verkehr und Ausgrabungen aus dem 14. Jahrhundert zeigen den alten Nesenbachkanal. 60 Kilometer Tunnel, ein ganz neues Viertel mit 6.500 neuen Wohnungen, 20 Hektar Parkfläche und vielleicht irgendwann eine Neckar-Philharmonie werden hier entstehen. Gar nicht so einfach sich das alles vorzustellen – aber das Modell im Turm des Hauptbahnhofs und ein kurzer Film helfen dabei, sich das futuristische Stuttgart auszumalen.
Welcher Aufwand hinter den einzelnen Bauabschnitten steckt, kann uns die Baustellenführerin detailliert erklären. Ihre Ausführungen reichen von der Verlegung neuer Wasserkanäle über die Umsiedlung naturgeschützter Eidechsen bis hin zu Hebungsinjektionen im Kernerviertel, die das gesamte Viertel um 13 Millimeter anheben. Oft dauert es Monate, um Genehmigungen zu erhalten und die Infrastruktur soweit vorzubereiten, dass überhaupt mit dem eigentlichen Bau begonnen werden kann. Das sehen wir ganz deutlich bei der ehemaligen Bahndirektion: Um den denkmalgeschützten Bau zu erhalten, wurde das Gebäude freigestellt und mit sechs Pfählen abgestützt. So kann es erhalten werden und die Bauarbeiten darum und darunter können fortgesetzt werden. Wir sind schwer beeindruckt wie das funktioniert.
Direkt daneben geht der neue Feuerbach-Tunnel in den Kriegsberg hinein. An der Wand vor der Tunnelöffnung hängt schützend die Statue der Heiligen Barbara. Zunächst sind wir überrascht über den Wunderglauben an eine heilige Tunnelpatin bei diesem zukunftsweisenden Projekt. Aber es ist doch auch schön zu sehen, dass man sich bei all den Bestrebungen nach Effizienz, Zeit für diese Tradition nimmt.
Ob wir am Ende der Führung Befürworter oder Gegner des Bahnprojekts sind, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Auf jeden Fall haben wir tiefe Einblicke in die Arbeiten erhalten und können unsere Meinung dazu fundierter überdenken.